Der Heilende Garten
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Schneeglöckchen als geschenkte Liebe

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Pflanzenbeschreibung

Schneeglöckchen als geschenkte Liebe

Der Anblick von dichtbewachsenen Schneeglöckchenhainen berührt mich in jedem Frühling neu. Sie sprechen immer noch das „kleine Mädchen“ in mir an, das vor Verzückung in einen alten Garten blickt, der übersät ist mit diesen ersten Frühlingsblühern.

Schneeglöckchen sind wie Gänseblümchen – Kinderblumen, die ihre Seelen heilen können.

Die sanfte Zurückhaltung dieser Blumen zieht Kinder magisch an. Sie möchten sie berühren und in den Händen halten. Vom Gänseblümchen wie auch vom Schneeglöckchen geht gefühlte Liebe aus, die vielleicht in anderen Lebenssituationen fehlt. Des wegen lässt alleine das Betrachten schon heilende Liebe spüren.

Ich kann mich erinnern, dass in dem Dorf, indem ich aufgewachsen bin, ein kleines Häuschen stand, das von zwei alten Frauen bewohnt wurde. In jedem Frühling verwandelte sich mit den ersten Sonnenstrahlen der graue Garten in einen leuchtenden weißblühenden Winterteppich.

Er lag an meinem Schulweg, und so blieb ich dort täglich stehen, um die Pracht auf mich wirken zu lassen. Immer war ich auch versucht über den niedrigen Holzzaun zu klettern, dicke Sträuße von Schneeglöckchen zu pflücken, um sie zu Hause in kleine Vasen zu stellen.

Die Angst erwischt zu werden, hielt mich allerdings in all meinen Kinderjahren davon ab, diesem inneren Wunsch zu folgen.

Auch heute noch sprechen mich Schneeglöckchenhaine an, stehen zu bleiben, meinen Blick ruhig auf sie zu lenken und eine innere Freude spüren zu lassen.

Ich frage mich, was ist es, dass diese Freude immer noch in mir zum Klingen bringt?

Ist es einerseits das zarte, unschuldige, scheinbar hilfsbedürftige Wesen dieser kleinen Blume oder andererseits der starke Lebenswille, der sie mit großer Kraft durch den fast noch gefrorenen Boden treibt?

Ihr äußeres Erscheinungsbild zeigt uns die Polarität der Welt.

Das Schneeglöckchen kann uns Vorbild sein, immer dann, wenn wir vor einer schweren Aufgabe stehen und lieber den Rückzug antreten würden.

Wie tröstend wäre die Bestätigung, wenn mir die weißen Glöckchen sagen würde:

„Jede deiner herausfordernden Aufgaben ist wie ein Wachsen durch gefrorenen Winterboden, die nach jedem Blühen neue Knollen bilden und im nächsten Frühling ein noch prachtvolleres Bild von dir zeigen werden, als im Jahr zuvor.“

So sollten wir fest daran glauben, dass uns schwere Zeiten zu wunderschönen Schneeglöckchenhainen formen, die andere Menschen heilend berühren können.